Allererste Kajüte
Es ist schon nach 21 Uhr, aber ich beschließe, mal ein paar von den Teilen für die Aufbauten genauer zu begutachten. Die Teile sind aus Kunststoffplatten gefräst, hängen an ein paar Stoppern aus Lücken im Fräsverlauf und warten darauf, aus der Platte befreit zu werden. Manche Teile sind auch schon mit eingefrästen V-Nuten versehen, die sowohl ein Abknicken des Teils an der bewußten Stelle ermöglichen, als auch den Winkel vorgeben, in dem das Teil sich faltet. Sehr wichtig bei vorderen Teil des Aufbaues mit seinen polygonen Formen und der Frontseite der Brücke, die ebenfalls ein polygones Halbrund bildet.
Die Teile löst man übrigens am aller-aller-allerbesten mit einer japanischen Spezialkneifzange für Spritzlinge, die ich mir von meinem Sohn ausgeliehen habe, der japanische Gundams baut und auf das (nicht ganz billige) Teil schwört. Tatsächlich kann man damit die Haltepunkte schon so perfekt durchzwicken, dass kaum Nacharbeit nötig ist. Die Dinger sind teuer, ultra-empfindlich (bloß nichts anderes als Plastik damit zu schneiden versuchen!) und ein richtig tolles Werkzeug.
Mit was für einem Klebstoff soll man das Zeug überhaupt kleben? Die Bauanleitung schweigt sich über viele Details komplett aus, so auch über dieses. In einem Baubericht, den ich gelesen habe, hat jemand das Ganze wohl mit einer ordentlichen Menge Sekundenkleber zusammengebaut, aber eigentlich mag ich Sekundenkleber nicht so richtig. Wo sein Einsatz angebracht ist, okay. aber ohne Not würde ich ihn auch nicht unbedingt verwenden.
Eine nähere Untersuchung von ein paar Randstücken unter Zuhilfenahme von ganz gewöhnlichem Plastikkleber ergibt erfreuliche Ergebnisse: Wie bereits vermutet, besteht praktisch der ganze Aufbau aus Polystyrol-Platten. Das bedeutet, man kann den Aufbau mit Plastikkleber zusammenschweißen, was weniger Gedöns und festere Verbindungen ergibt als mit Sekundenkleber.
Ich habe gerade für eine andere Aufgabe ein Gläschen Tamiya Plastikkleber dünnflüssig/schnell gekauft, das probiere ich aus und komme zum Ergebnis, dass sich der Aufbau ganz wunderbar, schnell und dank der sehr guten Passung auch echt einfach mit diesem Klebstoff erstellen lässt. Dabei ist die dünnflüssige Konsistenz des Klebstoffes eine große Hilfe. Eigentlich ist der “Kleber” nur ein Lösungsmittel, von dem das Polystyrol angelöst wird, sodass der eigentliche Klebstoff das dadurch geschmolzene Material selbst ist – eine echte Schweißnaht. Man kann das betreffende Teil an die Stelle halten, wo es hin soll, und dann mit dem winzigen Pinselchen den Kleber in die Schweißnaht träufeln, in die es dank der Kapillarwirkung hereingezogen wird. Nach guten 30 Sekunden sind die Teile stabil verschweißt. Das geht so angenehm und flott von der Hand, dass ich einfach immer weiter baue. Nachher ziehe ich alle Schweißnähte noch einmal von innen mit normalem Plastikkleber nach. Hält bombenfest, fast ohne Sekundenkleber.
Leider nur fast, denn ausgerechnet die Deckplatte des vorderen Aufbaus vor dem Steuerhaus ist eben nicht aus Polystyrol, sondern aus einem ABS-ähnlichen Zeug gefräst. Hier kommt also doch das Cynacrylat zum Einsatz, wobei hier prompt die schlechteste Klebestelle des ganzen Aufbaus entsteht. Gottseidank unter der Platte, aber dennoch erfordert es einige Nacharbeit mit Spachtelmasse und Schleifpapier. Auch der schmale Streifen unter den Brückenfront- und Seitenfenstern hat nicht perfekt gepasst und muss noch ein bißchen beigeschliffen und leicht angespachtelt werden. Kein Drama.
Der Aufbau sieht nach einer sehr überschaubaren Anzahl von Schleifgängen und hie und da einer Zahnstocherspitze Spachtelmasse ziemlich prima aus und kann bald lackiert werden, sobald er mit einigen weiteren Teilen vervollständigt worden ist.
Am Ende ist es nach Mitternacht, als ich die Werft für dieses Mal schließe und mit berechtigtem Erbauerstolz auf den Rohbau des Hauptaufbaues blicke, sogar die gerade gerichtete “Kappe” passt probehalber einwandfrei drauf. Sie werde ich mit Zweikomponenten-Epoxy befestigen.
Und ich wollte mir doch nur mal die Teile ansehen…