Kleine Katastrophen, Teil 457 (gefühlt)
Beim Auf- und Umräumen meiner Werkstatt in froher Erwartung des Weiterbaues der BERLIN ist ein kleines, gottseidank gerade leeres Holzkästchen, das ich ansonsten gerne zum Aufbewahren von gesammelten Schrauben-Einzelstücken aller Art benutze, durch eine meiner üblichen Unachtsamkeiten der Schwerkraft gefolgt und hat sich von seinem sicheren Platz im Regal über dem Werktisch unverzüglich und auf gerader Linie Richtung Erdmittelpunkt bewegt.
(Hinweis für “Leerdenker”, die glauben, die Erde sei flach: Zum Erdmittelpunkt, weil die Erde eine Kugel ist, ihr Vollpfosten. Werdet erwachsen und hört auf, allen auf den Sack zu gehen.)
Leider hat die BERLIN, obgleich selbst unbewegt und verpackt auf dem Werktisch ruhend, die Flugbahn des Kästchens derart versperrt, dass es zu einem kurzen und heftigen Zusammentreffen kam.
Die schnelle Begutachtung durch die Bubblefolie ergab, dass das vordere Decksflutlicht sich aus seiner Klebestelle verabschiedet hatte – null problemo, am Scheinwerfer selbst keine Beschädigung, die Klebestelle hatte sich als klüger erwiesen und nachgegeben.
Alles glimpflich abgelaufen möchte man meinen.
Heute habe ich die BERLIN sanft von ihrer Folie befreit, den Scheinwerfer wieder angeklebt, dabei stets von Backbord draufgeschaut, schließlich auf dem Deck einen Resinsplitter gefunden, auf dem leuchtrote Farbe klebte…
Wie eine kalte Hand legte sich die Gewissheit auf meine Schulter, dass es doch nicht so locker abgelaufen war… und tatsächlich, kein schöner Anblick von Steuerbord: Im Dachrand klafft ein böser Keil.
Hier zeigt sich natürlich zweierlei.
Erstens: Eine Lage Luftpolsterfolie ist keine Lage Luftpolsterfolie und genügt vielleicht, den Aufprall einer beim zufälligen Überfliegen des Kreuzers an plötzlichem Schlagfluß dahingeschiedenen Stubenfliege abzufangen. Dann hört’s aber schon auf.
Zweitens: Das 3D-Resin ist ein übel sprödes Scheißzeug, das im Grunde nix aushält. Das lässt noch einiges erwarten…
Wie repariert man denn sowas? Am besten, indem man die Brocken wiederzufinden versucht und irgendwie erstmal wieder in die Wunde reindilettiert. Ein kleines Teil hatte ich, aber wo war der Rest?
Ich hatte den Tisch am Ende der Werftinbetriebnahme nochmal abgesaugt, dabei hatte man hören können, dass so einiges in den Werkstattsauger geschlürft wurde. Gottseidank hatte ich gerade in eine Packung neue Staubbeutel investiert und den ersten davon gerade erst eingelegt. Ich habe also beschlossen, den Einzelpreis von gut 1,40 Euro dranzuhängen und sofort eine Autopsie am Staubbeutel vorgenommen, indem ich ihn vorsichtig an drei Seiten aufgeschnitten und aufgeklappt habe.
Was soll ich sagen: Mein Einsatz als Staubsauger-Tsokos war tatsächlich erfolgreich. Ein großer Splitter, der gut 90% der Schadstelle ausmachte, konnte erfolgreich aus den Innereien des Staubbeutels sichergestellt werden. Ein weiteres kleines Teil versteckte sich in einer Ecke des Schanzkleides. Nach Einkleben mit Sekundenkleber waren so ungefähr 95% des Schadens geschlossen.
Freilich ist es unmöglich, das Ganze absolut perfekt reinzuschuhlöffeln. Deswegen gab es erstmal eine Abklebung – gottseidank ist der Dachrand ja kantig, sodass man an ebendiesen Kanten abkleben kann – und eine kurze Behandlung mit Schleifpapier, der jetzt erstmal eine Schicht Spachtel folgte.
Was mich selbst wundert: Ich bin relativ entspannt geblieben. Oh, kaputt, Mist, naja, reparieren.
Das ist irgendwie eine Folge der Beschäftigung mit diesem Schiff: Die Komplikation wird zu deinem ständigen Begleiter. Irgendwann nimmt man sie nur noch als eine Art notwendiges Übel wahr, das man halt mitgekauft hat und mit dem man sich immer wieder konstruktiv auseinandersetzen muss. Der Rumpelstilzchen-Modus hilft da nicht weiter. Im Gegentum richtet man seinen Blick eher auf die positiven Aspekte: Es hätte schlimmere Stellen gegeben, das Loch war in einer Minute grundlegend geflickt, an der Stelle hatte die Farbe eh am Rand ein bißchen Blasen geschlagen (auf den Bildern ganz gut zu sehen). Ja, es ist einigermaßen fummelig, das ordentlich zu reparieren, aber ich bin ganz guten Mutes.